Pädagogisches Verständnis

Bild Pädagogische Verständnis

Das gemeinsame pädagogische Verständnis schafft Umgebungen für Schüler*innen, in denen Wohlbefinden, Bildungslust und Bildungserfolg entstehen können. Alle Beteiligten entwickeln die ganztägig arbeitende Schule gemeinsam. Dabei wird auf die Kompetenzen für das 21. Jahrhundert und die aktuelle Forschung zurückgegriffen.

Checkliste Pädagogisches Verständnis

 

Zur Überprüfung der Situation an Ihrer Schule können Sie die "Checkliste Pädagogisches Verständnis" nutzen. Anhand der aufgeführten Qualitätskriterien ist eine Bewertung möglich.   

  

 

Der Qualitätsbereich „pädagogisches Verständnis“ rückt Schüler*innen in den Mittelpunkt der ganztägigen Abläufe, Entscheidungen, Entwicklungsprozesse und guten pädagogischen Beziehungen [2]. Als Leitmotiv und Handlungsmaxime einer guten ganztägig arbeitenden Schule gilt: Jede*r Schüler*in hat das Recht auf eine bestmögliche geistige, körperliche, soziale und emotionale Entwicklung. Dabei gilt es, den Bedürfnissen der Schüler*innen gerecht zu werden und ihnen in der Schule mit Wertschätzung zu begegnen.

Es geht nicht allein um den Erwerb von Fachkompetenzen, sondern insbesondere auch darum, die Persönlichkeit, Begabung und die geistigen und körperlichen Fähigkeiten des Kindes voll zur Entfaltung zu bringen. Schule muss auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts vorbereiten. Eigenschaften wie Achtsamkeit, Neugier, Mut, Resilienz, ethisches Bewusstsein und Führungsstärke sind wichtig für den Bildungs- und Berufsweg sowie eine aktive gesellschaftliche Teilhabe. 

Auch Talente rücken in den Fokus. Stärken und Können sollten anerkannt und gefördert werden [3]. Darüber hinaus ermöglicht eine gute ganztägig arbeitende Schule ihren Schüler*innen Erfahrungen zur Entwicklung eigener Talente und Interessen. Dem Motto von O.-A. Burow (2014) folgend: Jedes Kind ist begabt und kann Ziele erreichen [4]. Dies erfordert die Aufnahme lebensweltlicher Themen in das ganztägige Lernen.

Bildung ist mehr als Schule. Kinder und Jugendliche lernen innerhalb und außerhalb der Schule. Zum ganzheitlichen Bildungsbegriff gehören formales, non-formales und informelles Lernen. Als non-formales Lernen können die Schüler*innen nichtbenotetes, aber angeleitetes Lernen in Kursen, Arbeitsgemeinschaften oder Workshops erleben. Bei selbstbestimmten Aktivitäten geht es um das informelle Lernen [5].

Darüber hinaus wird im pädagogischen Verständnis das Wohlbefinden aller Beteiligten eingefordert und betont. Grundvoraussetzung hierfür ist die Schaffung eines Klimas des Wohlfühlens, das nach Burow (2014) zur Entlastung von Lehrkräften, Schüler*innen und Eltern führt [5]. Wertschätzung und Anerkennung sollten die sozialen Beziehungen an der Schule bestimmen und damit die Psyche und Physis entlasten. Es sind Lernumgebungen zu schaffen, in denen sich Schüler*innen, Lehrkräfte und sonstiges Personal wohlfühlen, wodurch sich bestmögliche Leistungen sowie Inspiration und Kreativität entfalten können. Insbesondere in ganztägig arbeitenden Schulen wird dies in Unterricht ergänzenden, von Noten befreiten Angeboten gefördert. Gleichzeitig werden persönliche Beziehungen gestärkt.

Um das schulische Wohlbefinden zu fördern, muss man den Bedürfnissen nach Autonomie, sozialen Beziehungen, Eingebundenheit und Partizipation sowie demokratischen Gestaltungsmöglichkeiten entsprechen [6]. Schüler*innen sollen in Entscheidungsprozesse eingebunden werden und dadurch Verantwortung für schulische Prozesse übernehmen. Sie erhalten die Möglichkeit, sich innerhalb der Schule und im Gemeinwesen zu engagieren. Die ganztägig arbeitende Schule entwickelt sich anhand verstärkter Mitgestaltung durch alle Beteiligten zum Lern- und Lebensort. 

Zu den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen zählen außerdem Bewegung, Geschicklichkeit, Körpererfahrung, Begegnung mit anderen Schüler*innen mit Rückzug und Erholung, eigenständige Aktivitäten und Welterkundung sowie der Erwerb von Wissen und Können. Im Zentrum steht die Erfahrung, selbstwirksam und nützlich zu sein. Für die verlässlichen Strukturen sind die Erwachsenen verantwortlich. Die Partizipation bildet die Basis für die vorgegebenen Strukturen [7].

Ausgangspunkt für das pädagogisches Verständnis ist der Austausch über Werte, geteilte Normen und Zukunftsbilder [8]. Diese sind im pädagogischen Konzept und im Schulprogramm zu verankern.

Die UN-Kinderrechtskonvention zur Thematik

 

Die UN-Kinderrechtskonvention besagt in Artikel 29, dass die Bildung des Kindes darauf gerichtet sein muss, die Persönlichkeit, die Begabung und die geistigen und körperlichen Fähigkeiten voll zur Entfaltung zu bringen. Oggi Enderlein führt in ihrer Analyse folgende Punkte aus Sicht der Kinderrechte auf:

  1. Diskriminierungsverbot / Chancengleichheit (Artikel 2)
  2. Wohl des Kindes – the best interest of the child (Artikel 3) 
  3. Recht auf bestmögliche Entwicklung (Artikel 6)
  4. Berücksichtigung des Kindeswillens / Recht auf Gehör und Beteiligung (Artikel 12)
  5. Frei versammeln: Können die Kinder sich frei versammeln; außerhalb der Kontrolle durch Erwachsenen, aber geschützt? (Artikel 15)
  6. Geschützte Privatsphäre: Wird darauf geachtet, dass Ehre und Ruf nicht beeinträchtigt und die Privatsphäre geschützt ist? (Artikel 16)
  7. Unterstützte Erziehungsaufgabe: Werden zur Gewährleistung der Kinderrechte die Eltern in ihrer Erziehungsaufgabe unterstützt? (Artikel 18)
  8. Recht auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit (Artikel 24)
  9. Menschenwürde des Kindes: Wird die Disziplin in einer Weise gewahrt, die der Menschenwürde des Kindes entspricht? (Artikel 28)

 Zeit des Kindes: Haben die Kinder genug Zeit für Spiel, Freizeit, Rückzug und Erholung? (Artikel 31) [1]

Quellennachweise

 

[1] Vgl. Enderlein, O. (2019): UN-KRK und Ganztagsschule.

[2] Vgl. Handout, Reckahn (2017), Herausgeber: Deutsches Institut für Menschenrechte Berlin / Deutsches Jugendinstitut München / MenschenRechtsZentrum an der Universität Potsdam / Rochow-Museum und Akademie für bildungsgeschichtliche und zeitdiagnostische Forschung e. V. an der Universität Potsdam.

[3] Vgl. Gallenkamp, C. (2017): Die Zukunft der Positiven Pädagogik – die Perspektive wechseln und neu denken!, in: Burow, O.-A. & Gallenkamp, C. (2017): Bildung 2030. Sieben Trends, die Schule revolutionieren. Weinheim, S. 56.

[4] Vgl. Burow, O.-A. (2014): Digitale Dividende. Ein pädagogisches Update für mehr Lernfreude und Kreativität in der Schule. Weinheim, S. 134.

[5] Vgl. ebd. S. 71.

[6] Vgl. Kuhn, H.-P. (2017): „Lasst die Kinder frei. Noten sind nicht alles: Worauf es im Leben ankommt“ – Ein Plädoyer für die Ganztagsschule der Zukunft, in:  Burow, O.- A. & Gallenkamp, C. (2017): Bildung 2030. Sieben Trends, die Schule revolutionieren. Weinheim, S. 97.

[7] Vgl. Enderlein, O. (2015): Schule ist meine Welt. Ganztagsschule aus Sicht der Kinder. Berlin, S. 54.

[8] Vgl. Burow, O.-A. & B. Pauli (2013): Ganztagsschule entwickeln. Von der Unterrichtsanstalt zum kreativen Feld. Schwalbach.